Tag eins vom Creativmarkt in Bad Klosterlausnitz

Eigentlich hätte ich ja gestern gern noch einmal auf meinen Markt heute hingewiesen, aber ich war mal wieder mit der Deutschen Bahn unterwegs. An dieser Stelle nur soviel, ich war froh, dass ich heute überhaupt in Bad Klosterlausnitz dabei sein konnte.

Nach nur vier Stunden Schlaf ging es heute Morgen ans Einpacken aller „sieben“ Sachen und dann ab in die Festscheune am Kurpark.

So sah es dort aus, nachdem der liebe Flauschsupport mit mir aufgebaut hatte.

Das Ambiente in der Festscheune ist ganz zauberhaft und bei dem Wetter war ich besonders froh, einen Platz drinnen zu haben.

Wir hatten einen tollen Kartenständer für Karten im Hoch- und Querformat dabei, den meine Schwester in Bad Langensalza für mich ergattert hat. Ein echtes Schnäppchen kann ich Euch sagen.

Soviel Platz wie sonst hatten wir leider nicht, aber dafür hatten wir einen wirklich ansehnlichen kleinen Stand…

… und eine ganz gemütliche Mitmach-Bastelstrecke.

Wobei mich der Begriff „Strecke“ ziemlich schmerzlich an meine Reise gestern erinnert…

Am Nachmittag war ich von Düsseldorf aus nach Hause gestartet, um mich gute 2 Stunden später in Köln wiederzufinden. Wohlgemerkt, Köln war nicht mein Reiseziel und eigentlich auch nicht das meines Zuges, der eigentlich in Köln/Messe Deutz hält. Und das kam so…

Dörthe steigt also frohgemut in den pünktlich einfahrenden ICE nach Halle/Saale, der mich mit einem Mal umsteigen in Weimar nach Hause bringen sollte. Schon beim Einsteigen nervte ein Zugtür, die man beim besten Willen eigensinnig nennen konnte. Sie schloß und öffnete wie sie lustig war, besser gesagt, übte sie sich im Schließen während wir einsteigen wollten.

Nachdem ich meinen Platz ergattert hatte – der Zug war heillos überfüllt, aber ich hatte natürlich reserviert – gesellte sich eine nette junge Frau zu mir, die ebenfalls bis Weimar reserviert hatte und während wir beiden uns noch darüber freuten, dass wir die nächsten Stunden gemeinsam verbringen würden, griff der Lokführer zum Mikro (Telefon, was auch immer er für seine Durchsagen benutzt).

Als es knackte ahnten weder meiner Nachbarin noch ich, wieviele Stunden wir ab diesem Moment zusammen verbringen würden (und v.a. was wir erleben würden).

„Aufgrund einer Türstörung verzögert sich unsere Abfahrt ab Flughafen Düsseldorf.“

Da freut man sich, dass man reserviert hat. Doch im Grunde waren diese 4,50 € für die Katz, wie sich 90 Minuten später herausstellen sollte, als der Lokführer – nach einigen kläglichen Zwischendurchsagen – verkündete: „Bedauerlicherweise hat sich unsere Störung als so schwerwiegend erwiesen, dass wir nicht weiterfahren können. Wir bitten alle Passagiere auszusteigen. Ihre nächsten Reiseverbindungen …“

… gingen im allgemeinen Tumult unter. Wir warteten also bis fast alle Fahrgäste hinausgestürmt waren, dann konnte man die Durchsagen besser verstehen – v.a. auch diese „Achtung, Achtung, dies ist nicht der Zug nach Emden. Dieser Zug fährt heute vom Gleis gegenüber. Unser Zug ist defekt, wir bitten alle Fahrgäste …“

Nun, Ihr wisst schon. Der Durchsage war jedenfalls zu entnehmen, dass wir ebenfalls am Gleis gegenüber ICE 653 nehmen sollten und dann in Hannover umsteigen.

Gesagt, getan, nur leider leuchtete uns von der Anzeigetafel „Zug fällt aus“ entgegen.

Nun war guter Rat teuer oder besser eine Internetverbindung unbezahlbar. Die nette Schaffnerin – wirklich nett, das war nicht ironisch gemeint – war wie ihr Kollege am Rander der Verzweiflung und v.a. ohne Netz.

Aber warum lernt man nette Sitznachbarn kennen, wir hatten zusammen sogar zwei funktionierende Handys. Und das war unsere Rettung!

Nix wie einen Zug nach Frankfurt Flughafen rausgesucht, denn dort gibt es meist gute Umsteigeoptionen und Frankfurt ist, wie die nette Schaffnerin sich ausdrückte „wenigstens schon mal ein Stück in die Richtige Richtung.“

Auf unserm Weg zu Gleis 16 erlebten wir zuerst eine Verhaftung. Ich hatte zum ersten Mal das höchst zweifelhafte Vergnügen Augenzeuge dabei zu sein, wie sich Polizisten auf das Gesicht einer am boden keifenden Dame (nun besser Frau) knieten, um ihr auf dem Rücken Handschellen anzulegen. Ihr Partner war bereits verschnürt.

Allerdings war das nicht das einzige Hindernis auf dem Weg zum Gleis 16, denn als wir die Rolltreppe nach unten nahmen, polterte zunächst ein goldener Hartschalenkoffer selbige hinunter und dann zu unserem größten Entsetzen, die Dame, die sich vorher am Griff des Koffers befunden hatte.

Seitdem weiß ich, wo sich der Hebel für das Notaus an einer Rolltreppe befindet.

Wir hatten die Dame, und sie war wirklich eine, mit Hilfe eines netten Mitreisenden kaum von der Rolltreppe geangelt, da sah ich schon das Blut. Sie aber beharrte darauf, es ginge ihr blendend und sowas sei ihr ja noch nie passiert. Sie müsse jetzt zum Flughafen!

Dass sie den in Düsseldorf meinte, hatten wir da noch nicht verstanden, und hätten sie fast in die falsche Richtung entführt. So aber zwang ich sie erst einmal auf einen Sitzplatz auf Gleis 16, den ich ihr durch eine kurze Ansage an die Sitzenden erst verschaffen musste. Dann übergab ich sie in die Hände einer Bahnmitarbeiterin (sie übergab sich nicht, was mich offen gestanden auch nicht gewundert hätte): „Die Dame ist schwer gestürzt und hat sich verletzt. Sie blutet an beiden Beinen, hat Prellungen am ganzen Körper und braucht Hilfe.“

Ich hörte noch Ihr „Brauch ich nicht, mir geht es gut!“ als ich in den Zug Richtung Frankfurt Flughafen einstieg, was schwer genug war, denn es gab kaum Platz.

Als der Zug anrollte und ich aus dem Fenster sah, war der goldene Hartschalenkoffer mit seiner Dame dem Bahnpersonal bereits wieder entfleucht. Eine feine Dame bleibt eben unabhängig … Ich malte mir lieber nicht aus, was die Flugbegleiterinnen noch mit ihr erleben würden. Darf man blutend in ein Flugzeug steigen?

„Dieser Zug hält heute nicht in Köln Messe/Deutz sondern in Köln Hauptbahnhof.“ hörten wir den Lokführer verkünden. Was soll`s! Das verzweifelte Personal vom ausgefallenen ICE hatte uns noch mit auf dem Weg gegeben: „Sie dürfen alles mit diesem Ticket, alles!“

Auch fliegen?

Die Strecke war also egal. Der Bahn aber offenbar nicht, denn man hatte offenkundig beschlossen die unschöne Nachricht, die wenig später durch den Lautsprecher tönen sollte, nicht in Deutz, sondern lieber am Hauptbahnhof in Nähe des Domes zu verkünden. „Dieser Zug endet heute aufgrund einer Störung am Triebfahrzeug in Köln.“ Gott steh uns bei. 

Da fehlen uns Fahrgästen doch kurz die Worte. Wir hatten 90 Minuten von Düsseldorf nach Köln benötigt, den Rhein zweimal überquert, nur um zu hören, dass dort wieder Schluß ist.

Das war der Moment in dem ich dachte, ich würde eine weitere Nacht bei Birgit schlafen (Ihr erinnert Euch, das Bahnchaos vor etwa zwei Wochen in Bonn). Aber dann fiel mir Martina ein, die mich zum Bastelfest nach Bad Klosterlausnitz eingeladen hatte, also hierher:

Irgendwie musste ich also nach Hause. Und die Bahn kam uns zu Hilf:

Ein Ersatzzug wurde bereit gestellt, der seinem Namen am Gleis gegenüber alle Ehre machte. Leere Flaschen, Müll und verschlossene Toiletten. Dafür keinerlei Platzreservierungen. Wer leichtes Gepäck hatte so wie ich, war eindeutig im Vorteil. Ein Sitzplatz!

Mit streckenweise 300 km ging es Richtung Stuttgart. Ich weiß, da wollte ich auch nicht hin.

Wo der blinde Passagier – nennt man das in Zügen eigentlich auch so – hinwollte, den die Schaffnerin und ihr Kollege acht Reihen vor mir entdeckten, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass längst kein einziges Ticket mehr kontrolliert wurde, aber dieser eine Mann, der wurde herausgefischt. „Sie haben kein Ticket?“ (kein mit ganz vielen eeeeee, versteht sich)

Es folgte ein Anruf bei der Bahnpolizei und die Debatte darüber, wo man den Herren wohl am besten von Bord lassen könnte. Das muss der Moment gewesen sein, in dem die Schaffnerin – Frauen haben ja ein feines Gespür – geahnt hat, wenn wir jetzt wirklich noch einen außerplanmäßigen Stopp einlegen, um den Herren aussteigen und abholen zu lassen, dann kippt uns die Stimmung (oder der ganze Zug).

Derweil stellten ein Herr aus Stuttgart, der glücklicherweise sogar nach Stuttgart fahren wollte, zwischen Müll zwar und leeren Bierflaschen – fröhlich fest, dass sein Gegenüber in der gleichen Kaserne stationiert gewesen war. Mit herrlich breitem Akzent tauschten sich nun ein US-Amerikaner und ein Herr im beigen Maßanzug ohne Akzent aus. Die beiden wären sich wahrscheinlich nie begegnet, wenn dieses Bahnchaos nicht gewesen wäre.

Irgendwann waren wir dann in Frankfurt Flughafen und mussten dort eine beträchtliche Zeit warten, die mit wenig Spektakulärem dahin kroch. Ich besuchte den REWE-Markt und kaufte vor lauter Verzweiflung Kinder-Pingui aus dem Kühlfach und etwas zu trinken. Meine Weggefährtin besuchte zwei geschlossene Zeitungsläden und laß dann auf der Weiterfahrt ihre Rad-Zeitschrift einfach ein zweites Mal.

Nach endlosen Minuten, die nur den Passagieren des Zuges endloser erschienen sein müssen, die 16:02 ab Flughafen fahren wollten und nach 20 Uhr noch mit uns warteten, nach endlosen Minuten also fuhr ein nicht verspäteter Intercity nach Dresden am Gleis 4 ein. Der Zug hielt und vor uns an den Türen prangte ein gelber Sticker mit der Aufschrift „Zugtür defekt. Hier bitte nicht einsteigen. Tür öffnet nicht!“.

Das kam uns doch irgendwie bekannt vor. Die nächste Tür war ebenfalls beklebt, die übernächste nicht und während die meisten Fahrgäste aus Panik vor gestörten Türen das Abteil mit den kaputten Türen mieden, wussten wir – dort ist es leer. So kam es, dass wir inmitten dieses Chaos einen gemütlichen Sitzplatz fanden.

Der Schaffner, der wenig später vorbei kam, lächelte milde und wollte nicht mal meine Bahncard sehen, bevor er mir ein Loch in mein Ticket kipste. Nun hatte ich endlich das Gefühl auf Reisen und nicht mehr auf der Flucht zu sein.

Der Ganz zur Toilette erwies sich als Kinderspiel. ich musste nur zwei Wagons weiter laufen, bis ich ein WC ohne den Sticker „WC nicht nutzbar“ (in vier Sprachen) gefunden hatte. Die Schlange war entsprechend lang, das Klo roch nach Ersatzzug und sah noch viel mehr danach aus. Aber ich hatte ja eine nette Begleiterin, die mein Gepäck bewachte und sogar Reinigungstücher in der Handtasche hatte.

Als wir Stunden später in Erfurt ausstiegen – denn natürlich kam der Fahrplan dann doch noch ein wenig durcheinander – erklärte ich dem Schaffner in seiner offenen Schaffnerkabine, dass ich schon immer mal sehen wollte, wie es da drin so aussieht. Er legte den Hörer nach seiner Durchsage gerade auf die Gabel und zwinkerte: „Sonst geht das schnurlos aber heute…“

„Immerhin, es geht.“, gab ich zurück. „Mein Zug ..“ „ist in Düsseldorf gar nicht losgefahren, ich weiß“, gab es lächelnd zurück. „Türschaden, nicht wahr. Unser Triebwerk hat auch eine Macke. Mal sehen, wie weit wir noch kommen!“

Meinem entsetzten Blick schob er noch hinterher: „Der ganz normale Freitagswahnsinn, junge Dame. Ein schönes Wochenende wünsche ich Ihnen.“

Immerhin, dieser ICE war trotz Türmacke gefahren. Und erst jetzt fiel mir auf, dass es für defekte Türen schon fertig bedruckte Sticker bei der Bahn gibt. Sogar für unbrauchbare Toiletten. Aber für Triebwerke …?

Vom letzten Abschnitt der Reise gibt es nicht viel Aufregendes zu berichten, außer dass den Typen mit seinem „Voll auf die Fresse“-Tattoo tierisch annervte, dass wir uns in Erfurt zu ihm setzten. Wozu braucht ein Mensch denn auch vier Plätze. Meiner Begleiterin war das nicht ganz geheuer, glaube ich. Ich aber wollte einen Sitzplatz – obwohl mir die Kniescheiben schon langsam brannten – und zwar genau diesen.

Nun, wir haben es alle drei überlebt, was – nachdem der junge Mann rot angelaufen war – zunächst nicht ganz so sicher zu sein schien.

Am Bahnhof in Jena West wartete der übermüdete Flauschsupport und wir beiden wußten: Das wird eine kurze Nacht! Weniger wegen der Romantik als wegen des Bastelfestes heute.

Für den Fall, dass Ihr bis hierhin durchgehalten habt, dann lest Ihr vielleicht noch, dass ich morgen noch einmal von 10:00 – 18:00 Uhr mit Yvonne aus meinem Team in Bad Klosterlausnitz in der Festscheune sein werde.

Wir freuen uns sehr auf viele liebe Bastelgäste, auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn sind willkommen. Sie können sich eine Karte mit „Überraschung“ oder „Glückwunsch“ stempeln. Davon kann man in diesem Job immer einen kleinen Vorrat gebrauchen.

Bis morgen meine Lieben!

Eure

Dörthe

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Sabine Müller
Sabine Müller
6 Jahre zuvor

Hallo Dörthe,

ich glaube,wieder einmal fragen sich jetzt alle Leser,wie man das „entspannt“, ohne zum Amoklauf zu tendieren,mitmacht. Aber wird da der Führerschein nicht doch verlockend? Wobei die A9 regelmäßig zum Ferienbeginn (gibt ja ein paar davon im Jahr…) gebaut werden muss und Stau auch kein Vergnügen ist. Aber immerhin: In der Regel gibts Sitzplätze und funktionierende Türen… .

Lg und hoffentlich bald wieder normale Zugfahrten wünsch ich dir.

Dörthe
Dörthe
Antwort an  Sabine Müller
6 Jahre zuvor

Hallo Bine,
Ich werde es am kommenden Wochenende ausprobieren. Da bin ich nämlich zuerst in Aschaffenburg und dann in Köln.
Danach ist erst mal Jena angesagt und weniger Reisen.

Führerschein? Na, do langsam reizt es mich. …

Liebe Grüße
Dörthe

Christina Simon
Christina Simon
6 Jahre zuvor

Hallo Dörthe
Ich dachte immer, das passiert nur meinem Mann. Wir hatten schon vermutet, daß er durch Gesichtsscanner auf dem Bahnsteig erkannt wird und die Wetten gehen los…aber das, was du da schilderst ist Hollywood reif.
Meine Güte starke Nerven auch weiterhin!

Liebe Grüße
Christina Simon aus dem Nordschwarzwald

Dörthe
Dörthe
Antwort an  Christina Simon
6 Jahre zuvor

Liebe Christina,
tja, die ganze Nation wied gebeutelt. Wobei ich zugeben muss, dass ich auch sehr oft sehr bequem und ohne Verspätungen mit der Bahn reise.
Wenn Dein Mann mal wieder im Bahnchaos landet, dann kann er ja entweder meinen Blog lesen oder einen Gastbeitrag dafür verfassen.
Er ist herzlich willkommen, denn geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid.
LG
Dörthe