Vom Vietnamesischen Mittagstisch zu Salzstangen

Gleich vorab, das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Am Freitag war ich mit unserem Ältesten zum Mittagessen verabredet. Klar, dass wir nicht an die Frittenbude gegangen sind. Wenn er seine Pause schon mit mir verbringen möchte, dann sollte es kein Fastfood geben, obwohl die Pommes von Fritz Mitte in Jena und Umgebung legendär sind. Wir waren stattdessen im Saigon. Schön war es, köstlich und bekömmlich.

Am Freitagabend fragte mich unsere Tochter dann plötzlich, was denn gegen Durchfall helfe. Dass Teenager einfach nicht früher *piep* machen. Wer weiß, wie lange so ein Teenager Probleme wie diese mit sich rumträgt. Für Vorsichtsmaßnahmen war es da schon zu spät, wir hatten nachmittags noch fleißig mit dem Backbuch auf dem Schoß auf dem Sofa gekuschelt. „Bitte lass uns Muffins backen!“

So kam es, wie es kommen musste. Gestern Abend war mir schon nicht ganz wohl, heute hat es mich niedergestreckt. Pfui, was für hässliche Krämpfe.

Mein Kräutersud hat immerhin so krampflösend gewirkt, dass ich mich an die Tastatur setzen konnte. Ich habe doch eine so schöne Karte für Dich, wenn man Trauerkarten „schön“ nennen darf.

Als wir am Donnerstagabend digitales Teamtreffen hatten, blickte ich zunächst in einige bedröppelte Gesichter und dann platzte Constanze heraus: „Das ist so ein trauriger Abend!“

Moment mal, traurig? Teamtreffen sollten Spaß machen, auch wenn sie digital stattfinden. Klar, wir treffen uns lieber in echt, aber traurig? „Die Queen ist heute gestorben.“ Etwas Erleichterung machte sich breit, aber auch sofort ein kleiner Moment der Betroffenheit. Mit der Monarchie habe ich nichts am Hut, aber die Queen, die hatte schon was. Dass Menschen sich so in den Dienst Anderer stellen und sich dabei gleichzeitig treu bleiben, findet man heutzutage nur noch selten. Queen Elizabeth war eine besondere Regentin.

Meine Oma hieß übrigens auch Elisabeth, war ebenso queen-like, wenn es um den Dienst an Anderen ging und ihren Prinzipien sehr treu. Manchmal war sie schon beinahe stur. Sie lebte minimalistisch, konnte bei ihrer Arbeit als Krankschwester zwischen zwei OPs im Stehen schnell ein paar Minuten schlafen, was mich immer beeindruckt hat. Sie liebte Kräuter, Naturheilkunde und „ihre“ Kirche. Zum Kerzenziehen war ich gern mit ihr dort, zu den Andachten eher nicht. Mein Vater konnte seine Skepsis gegen die Religion, in die er getauft worden war, nie ablegen.

Wie dem auch sei, ich glaube dass ich trotzdem so einige Lebensweisheiten von Oma Elisabeth aufgeschnappt habe. Ihr würde mein Kräutergarten sicher gefallen, mein Stempelgeschäft eher weniger. „Braucht man sowas?“ „Ja, Oma, braucht man. Stricken allein macht mich nicht glücklich, genauer kann ich es gar nicht, dafür aber Schiffchenarbeit. Hab ich mal von Dir gelernt…“

Kreativ war ich schon immer und im Gegensatz zu Stricknadeln, haben die Occhi-Schiffchen damals mein Herz erobert. Der Name kommt übrigens daher, dass die einzelnen Segmente der geknüpften Kunstwerke wie Augen aussehen, Occhi – Italienisch für Augen. Besonders gern habe ich aus strahlend weißem Garn Schneeflocken gemacht. Heute müsste ich das bestimmt neu erlernen.

Wie gut, dass wir unsere Großmütter haben. Sie sind unsere Königinnen, ganz ohne Krone, Ländereien und Hofstaat. Wenn sie gehen, ist es immer ein besonders trauriger Moment.

Der Himmel ist voll wunderbaren Menschen, die in unseren Herzen weiterleben. Möge der neue König Charles mit der Weisheit seiner Mutter verbunden bleiben und seine Liebe zur Natur auch als Thronfolger nicht vergessen.

Zeit für die nächste Tasse Tee und viel Schlaf. Beim Teenager war die Unpässlichkeit rasch vorüber, möge es mir auch so sein und der Rest der Familie verschont bleiben.

Deine

Dörthe

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